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QUE 1: Euer Album "retoure" beginnt mit
einem ominösen "Om-"Sample. Ich nehme an, ostasiatischen
Ritual-Aufnahmen entnommen? Birgt das Sample über seine Ästhetik
hinaus eine tiefer gehende Bedeutung für Euch?
C: Die Sample-Herkunft ist weitaus unspektakulärer als bestimmt
vermutet. Bei der Suche nach brauchbarem Material wird von uns alles
durchforstet, was einem im audio-visuellen Format in die Hände kommt.
So auch das besagte „om“-sample eines Chores, der nebenbei in
männlicher als auch weiblicher Besetzung ein „oh“ oder „ahh“ zum
Besten gibt. Vielmehr spielt die Eigenständigkeit des einzelnen Sounds
eine große Rolle, die in jedem Fall immer etwas Besonderes darstellt,
entweder in seiner Klangcharakteristik oder in dem, was er in uns
erzeugt.
QUE 2: Ihr schafft in euren Klangwerken immer wieder gewaltige
Spannungsbögen der elektronischen Finesse, die sehr wohl auch die
Ausdauer, die Geduld des Hörers fordern. Ihr habt es offenbar nicht
auf oberflächliche, schnelle Eingängigkeit abgesehen. Hut ab. Habt ihr
indes keine Angst, den Hörer durch Eure Collage-Freude, eure zuweilen
zehrende Langsamkeit zu überfordern?
C: Ihr habt mit Sicherheit Recht, dass sich die Musik von high wycombe
nicht gleich beim ersten Hören erschließt, sie „zu sperrig“ als auch
primär nicht clubtauglich ist. Da wir mit Band und Label nicht ganz
den kommerziellen Zwängen unterliegen, werden wir auch weiterhin diese
Art von Musik machen & veröffentlichen, die unserem eigenen Anspruch
an innovative, elektronische Musik genügt und aktuellen
Hörgewohnheiten entspricht. Das hat natürlich zur Folge, dass wir als
high wycombe Gefahr laufen, zum einen vom Hörer nie akzeptiert zu
werden oder gar seine Gunst zu verlieren. Umso mehr freuen wir uns
über ein positives Feedback und über Stimmen, die unsere Ansichten
teilen.
M: Es war sicher nicht unser Ziel, die Songs möglichst schwer
zugänglich zu machen. Möglicherweise war dies eher ein Effekt, der
sich durch das lange Arbeiten an einem bestimmten Song ergab. Da wir
die Songs auch keinen Einschränkungen oder bestimmten Vorstellungen
unterwarfen, spiegeln sie genau die Art Musik wieder, auf die wir Lust
hatten. Umso spannender ist es für uns, zu erfahren, wie das Album bei
den Hörern und Medien ankommt.
QUE 3 Unentwegt
erschafft ihr sehr schöne, electro-industrialine Klanglandschaften,
die hinfortführen mögen in weite Ebenen.... zu Visionen, vielleicht.
Gibt es Visionen, die ihr selber vor Eurem geistigen Auge seht?
Während ihr die Stücke erstellt?
C:Für unsere Songs lassen wir uns auch heute noch von Science Fiction-
Filmen und Storries inspirieren. Nahezu die Hälfte der auf dem
offiziell aus sample-rechtlichen Gründen bislang nicht
veröffentlichten 3. Album „code 74“ vorhandenen Songs widmen sich dem
Kinofilm „Matrix“. Filme wie Alien & Abyss beeinflussten uns schon
während der beiden ersten Alben. Betrachtet man gezielt die
Einbettung von Sprachsamples in den geschaffenen Klangcollagen,
versuchen wir die Stimmung bis auf das Derbste auszureizen.
Gänsehautstimmung ist somit ein gewünschter Nebeneffekt, der besonders
bei der Kombination aus Märchenschallplatten und bizarren
industrial-Flächensounds hervorgerufen werden kann. Sicherlich nichts
Neues, jedoch sehr effektiv.
M: Bei den Songs „Neila“ und „Fight“ gab es schon konkrete Bilder
und/oder Themen im Kopf, die wir musikalisch umsetzen wollten. Die
Texte beziehen sich dann ebenfalls darauf, sind aber dennoch so
gestrickt, dass sie eigene Interpretationen des Hörers zulassen.
Andererseits entsteht oft auch erst die Musik, ohne ein bestimmtes
Thema verarbeiten zu wollen. Je nach Stimmung kommen uns dann, während
die Musik entsteht, die unterschiedlichsten Bilder und Assoziationen
in den Sinn. Dies beeinflusst dann natürlich auch die musikalische
Ausrichtung des Songs.
QUE 4 Gibt es einen Storyplot/ ein
Konzept, das dem Album zugrunde liegt?
C: Nein. Lediglich die Kombination aus neuen und älteren Stücken, die
zum Teil in einem Remix vorliegen, war gewollt. Deshalb auch der
Albumtitel „retoure“, der Blick zurück. Zudem sollte der Hörer nicht
mit einem 45 Minuten Album abgespeist werden, was sich jedoch im
Nachhinein betrachtet, bei der Komplexität der Songs vielleicht doch
als vorteilhaft erwiesen hätte.
QUE 5: Hypnotik der langsam dahinschwebenden Electro-Magie...
Sphärisch, manchmal a bit psychedelisch.... Würdet ihr sowas
unterstreichen? Wie würdet ihr Eure Soundscapes selber definieren?
C: Vielleicht so in etwa: Überwiegend sphärisch inszeniert, kreieren
wir als high wycombe einen eher harten, experimentellen Sound.
Eingebettet in glasharter 2step-Rhythmik, sphärischen Flächensounds
und bizarren Samplekollagen findet sich der Slowmotion-Sprechgesang
wieder.
QUE 6: Was sind die Grundgefühle, die Euch antreiben? Wahrscheinlich
nicht dieselben, die Marilyn Manson antreiben, hm? Was treibt den denn
wohl eigentlich an?
M: Da die Musik gegenüber den Texten oft im Vordergrund steht, bewirkt
meist die momentane Stimmung das musikalische Schaffen. So entstehen
natürlich auch erste Ideen, die dann später nicht mehr gefallen, oder
in eine völlig andere Richtung weiterentwickelt werden. Wenn uns
bestimmte Ereignisse oder Filme inspirieren, sind bestimmte
Grundgefühle gar nicht nötig. Das konkrete Thema dient dann als
Basis.
C: Wie bereits gesagt, der eigene Anspruch an innovative,
elektronische Musik. Das Soundtüffteln stellt für mich den Abstand zur
Arbeitswelt dar. Jegliche Form von Emotionen in beruflicher und
privater Hinsicht werden über den Sequenzer gebündelt, entladen und
neutralisiert.
QUE 7: Komplexe Strukturen, spannungsreiches Flüstern... gibt es
Vorbilder in der Musik, die euch inspirieren? Oder etwas außerhalb von
Musik?
C: Die Musik der beiden ersten Alben „reverse the verdict“ und „impulse“
läßt sich am besten in die Sparte Electro/EBM einordnen, ohne jedoch
dieser auf konventionelle Art und Weise "treu" zu sein. Bands wie
Frontline Assembly, Haujobb, Front242 und Skinny Puppy zählen dabei zu
unseren musikalischen Vorbildern. Im Laufe der Zeit änderte sich
natürlich auch unser persönlicher Musikgeschmack. Etwas weg vom
klassischen Electro/EBM sind wir ebenso begeisterte Anhänger von
diversen Projekten eines Daniel Myer oder Volker Kahl.
M: Weitere musikalische Vorbilder wären Projekte wie Beefcake, Prodigy,
Oomph, Krupps, Leatherstrip, Wumpscut,...die Liste könnte man endlos
fortsetzen.
QUE 8: Wofür steht der Name "High Wycombe"?
C: Der Name steht für die englische Stadt, rund 100 Kilometer westlich
von London gelegen, die während des Zweiten Weltkrieges Stützpunkt der
Amerikaner war. Einfach der Name hat uns fasziniert.
QUE 9: Es klingt, als hättet ihr große Freude am Detail, als läge Euch
das "Frickelige" - seh ich das richtig? Wie lange habt ihr an Retoure
gearbeitet?
M: Das ist richtig. Deshalb mögen wir auch Bands wie Haujobb, beefcake,
autechre, FLA, usw...die reine Arbeitszeit an „retoure“ beträgt
vielleicht 1,5 Jahre, bedingt durch andere Projekte wie z.b. concise
beträgt der Zeitraum zum Vorgänger „code 74“ 4 Jahre.
C: Der Vor- oder Nachteil liegt zudem vielleicht an unserer
Arbeitsweise. D.h. jeder von uns beginnt zunächst einen Song und gibt
ihn zur kompletten Überarbeitung und Ergänzung an den anderen weiter.
Somit werden die Songs komplexer & verschachtelter und vermutlich auch
schwerer zugänglich für Außenstehende.
QUE 10: Erzählt doch mal was aus eurem Innengerüst: Christian und
Martin. Wer sind die Zwei?
C: Wir kennen uns schon seit der 3. Schulklasse und hatten seither
nahezu den selben Musikgeschmack. Die Idee selbst Musik zu machen, kam
spontan, indem wir witziger Weise beide zeitgleich Depeche Mode –
Coverversionen am PC kreierten. Hauptberuflich spielt die Elektronik
ebenso eine große Rolle. Martin liegt momentan in den letzten Zügen
seines Informatik Studiums, während ich als Wirtschaftsingenieur und
IT-Spezi für eine Marketingfirma im Osten der Republik arbeite.
QUE 11: Mensch, diese atmosphärische Tiefe, wie sie zB in "Journey Of
Self-Awakening" herrscht! Worum geht es in dem Song? Eine versteckte,
unheimliche und tiefe Wahrheit
C: Endlich findet der Song "Journey Of Self-Awakening" mal ein wenig
Beachtung! Er ist nämlich mein persönlicher Favorit. Dieser Song
stellt mit Sicherheit eine Randerscheinung des Albums dar, da zum
einen auf Instrumente wie das Saxophon zurückgegriffen wurde und
zusammen mit dem Beat die einzigen Konstanten darstellt. Dennoch
erzeugt der Song insgesamt eine Atmosphäre, die besonders im
Stereobild über Kopfhörer prima rüberkommt, wie ich finde. Musikalisch
inspiriert haben uns dabei „The cage complex” (haujobb „solution for a
small planet“) und diverse beefcake Alben. Im Vordergrund bei diesem
Instrumental standen wieder die Einzelsounds und deren Zusammenspiel. |
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