|
|
„Eigentlich haben
wir beide zunächst unabhängig voneinander experimentiert. Das war so
1995/96, in der Anfangsphase. Die gemeinsame Basis war dabei
seinerzeit das musikalische Schaffen solcher Formationen wie Kraftwerk
oder Depeche Mode“, erklärt Martin, der
Informatikstudent. Im Gegensatz zur „klassischen Band“ entstand
das erste Album von High Wycombe 1998 nicht im Probenraum, sondern
komplett im Studio: „Es war rein experimentell und bildete noch nicht
die vollkommene Einheit. Der Klang wurde auf dem PC erzeugt, auch
Gitarrenverzerrer kamen zum Einsatz, um Verfremdungen zu erreichen“,
umschreibt es der Soundtüftler Martin, zu dessen Klängen Christian die
Songtexte macht. „Als Inspirationen dienen dabei
Zustandsbeschreibungen, Science-Fiction-Visionen“, fasst dieser
zusammen. Oder anders gesagt: Man wollte mit wenigen Mitteln viel
erreichen, wobei man sich gerade am PC richtig austoben konnte.
Es würde zu weit
führen, die Sache mit der Labelgründung zu erörtern, denn dafür müssen
etliche Voraussetzungen gegeben sein. So benötigt man vor allem einen
so genannten Labelcode, den man aber wieder erst verliehen bekommt,
wenn man auf Veröffentlichungen verweisen kann. Ein Kreislauf ohne
Ende. „Irgendwie haben wir es dann aber geschafft, und das Album „impulse“
(1998) wurde schon unter eigenem Namen herausgegeben. Sehr gut kamen
auch unsere beiden „chipyard-Sampler“ (1999/2002) an, die einen breit
gefächerten Eindruck vermitteln, was die unterschiedlichsten Bands in
Sachen elektronischer Musik machen“, so Martin, der zugibt, dass
gerade in den letzten Jahren, der „kreativen Pause, wo der Zeit- und
Lustfaktor fehlte“, Christian die treibende Kraft war. „Ich habe mir
da eher Freiräume geschaffen und mich erst in dem Moment wieder
intensiv mit der Materie beschäftigt, wo ich gespürt habe, dass jetzt
wieder neues Potential da ist.“
Was der
Veröffentlichung des vierten Albums Ende letzten Jahres durchaus gut
getan hat. „retoure“ verliert sich nicht in Experimentellem, ist
gereifter und facettenreicher. Ein Plus durch die „verzahntere
Arbeitsweise“, wie sie es nennen: „Früher hat meist jeder selbst an
einem Song gebastelt, aktuell nun war das eher gemeinschaftlich der
Fall. Wobei ich mich mehr um die Synthisounds kümmere, Chris um die
Drumstrukturen.“
Den Projektnamen
High Wycombe fanden sie nach einem Brainstorming, er sollte Klang
haben. Ursprünglich nur als Stadt bekannt, machte man sich später
weiter schlau und fand heraus, dass es sich dabei um einen US-
Stützpunkt aus dem Zweiten Weltkrieg handelte. „Unser Logo entstand
bei einer Fotosession am Matrosendenkmal Nähe Kabutzenhof, wo
verschiedene Aufnahmen total unterbelichtet waren und so die
Silhouette ergaben“, erinnert sich Martin, der sein Studium in
Stralsund absolviert, während Wirtschaftsingenieur Christian in
Neubrandenburg arbeitet. Trotz der lokalen Entfernung will man endlich
auch Liveauftritte in die Planung nehmen. Was bei einem
Elektronikprojekt nicht gerade einfach sein dürfte. „Wir wollen auf
keinen Fall nur ruhig an unserer Technik herumstehen, da muss
Lichtdesign her, Videoinstallationen als Ergänzung. Ohne dass wir
unsere Musik damit überfrachten“, überlegt Martin und hofft, im Sommer
so weit zu sein. Zu diesem Zweck wurden viele Konzerte anderer
Künstler besucht und verglichen. Bands wie Die Krupps, Oomph! Oder Das
Labor hätten da sehr begeistert („die gehen während des Auftritts
total auf das Publikum ein“), wohingegen ein Act wie Project Pitchfork
live eher nicht überzeugt habe.
In der Zwischenzeit ist Christian mit seinem Nebenprojekt aktiv:
Concise (Album: „pure“) unter Mitwirkung von Sängerin Katrin Segert
und Gitarrist Lars Sembach. Da wird schon eifrig geprobt. Für High
Wycombe steht in diesem Monat in Zusammenarbeit mit der Universität
Stralsund ein erster Videodreh an: „No Escape“. Einfach, „weil dieser
eine Story liefert“. Auf lange Sicht liebäugelt man mit einer DVD,
plant die Zusammenarbeit mit anderen Rostocker Bands und Projekten.
Auch ein neuer „chipyard“-Sampler soll erscheinen. Wichtig aber sei es
vor allem, den Bekanntheitsgrad noch höher zu schrauben. Immerhin:
Rezensionen zu High Wycombe finden sich selbst in Kanada, den USA,
Frankreich, Belgien und Russland. Ihr „retoure“ war gar in den
Elektronik Top Ten des kanadischen Radiosenders cfou.fm auf Platz 3
vertreten. Erhältlich sind die „Made In Rostock“-Scheiben über
Mediamärkte Norddeutschland, den SXD-Vertrieb und über die Homepage
www.wycombemusic.de .
Bert Aschkowski
IM KASTEN:
NNNPlus verlost zwei aktuelle Alben von High Wycombe („retoure“), zwei
Alben des Projekts Concise („pure“) sowie den „chipyard 2002“-Sampler.
Schreiben Sie an NNNPlus, Kennwort: RETOURE, Bergstraße 10, 18057
Rostock. Einsendeschluss ist der 10.2.2005. Der Rechtsweg ist
ausgeschlossen. |
|